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Das Auge des Betrachters ist ein Weg, die Spieler für kurze Zeit von ihren Charakteren zu entführen, und ihnen Wissen über Ereignisse zukommen zu lassen, die die Charaktere nicht selbst erleben.
Damit können beispielsweise Handlungsorte eingeführt werden, oder du kannst Antagonisten bekannt machen, die Stimmung der Welt vermitteln, und vieles mehr.
Wenn du regelmäßig Envoyer liest, kennst du es vielleicht aus "Envoria", wo es als phyisches Auge in Erscheinung tritt.
In Filmen ist es die Zwischenszene, und der Übergang dahin ist der Anfang der Szene, der in die Handlung dort einführt.
Ein Beispiel für den Einsatz des Auges des Betrachters könnte so beginnen:
"Jetzt möchte ich euch bitten, euch mit mir für einen Moment von diesem Ort zu lösen und euch in die Ferne tragen zu lassen, wo in der Dunkelheit seines Schlosses ein alter Mann in grauen Roben der über einen Kerzenleuchter gebeugt steht und leise murmelt 'Warum tragen nicht Andere diese Bürde'. In diesem Augenblick klopft es an der Tür des Saales und der Alte Mann strafft sich. Als er die Tür öffnet, ist keine Spur mehr von seiner Müdigkeit zu erkennen. Seine Augen blitzen, seine Hand schließt sich fest um den Türknauf, und als er seinen Besucher erblickt, begrüßt er ihn mit leiser, schneidender Stimme. 'Willkommen zurück, mein Sohn. Setz dich, und erzähle mir, was du gesehen hast.' Noch bevor der Besucher den Stuhl erreicht hat, sprudeln bereits seine Worte aus ihm heraus... "
Wenn du das Auge des Betrachters nutzt, achte darauf, immer einen klaren Übergang zu haben. Es ist dabei sinnvoll, diesen Übergang an die Welt anzupassen. Außerdem muss er für die Spieler klar als Übergang zu einer Zwischenszene erkennbar sein.
Dabei ziehst du in jedem Fall den Vorhang auf und sprichst als SL mit deinen Spielern, denn du nimmst sie mit dir auf eine Reise.
Sag ihnen als erstes, dass ihr nun die Charaktere verlasst. Danach führ' sie an den anderen Handlungsort.
Wenn die Zwischenszene abgeschlossen ist, hol' sie wieder aus der Szene heraus, also sage ihnen, dass ihr die Szene verlasst, reise mit ihnen zurück zu ihren Charakteren, und sag ihnen, dass ihr euch wieder ihren Charakteren zuwendet.
Das mag trivial klingen, ist aber wichtig dafür, dass die Spieler auch wirklich fühlen, wo sie gerade sind.
Das ist, bis zu einem bestimmten Grad, das Äquivalent des Kameraschwenks (bzw. des Szenenübergangs) in Filmen, aber im Rollenspiel ist es oft noch wichtiger, weil die Spieler noch fester in ihren Charakteren sind und meist auch noch stärker wieder dahin zurück wollen, sie aber erst wieder sicher dort sind, wenn du klar die Szene abgeschlossen hast.
Mach diese Szenen wenn möglich in ruhigen Momenten (es sei denn, es fühlt sich für dich anders besser an). Im Gegensatz zum Film kann ein Cliffhanger vor einer ruhigen Szene im Rollenspiel dazu führen, dass die Spieler der Szene nur schwer folgen können, weil sie in Gedanken und Gefühlen bei ihren Charakteren sind und um ihre Leben bangen.
Fantasy
Heute:
Science Fiction:
Wenn du weitere Ideen für schöne Überleitungen hast, dann melde dich bitte an und füge sie hinzu.
Natürlich ist es auch möglich, die Charaktere die Szene miterleben zu lassen, z.B. durch Träume oder einen profanen Fernseher. Ob das für die jeweilige Szene sinnvoll ist, hängt nur davon ab, ob es nach deinem Gefühl für die Geschichte gut wäre, wenn die Charaktere es wissen.
Wenn du das Auge des Betrachters auf eine bestimmte Art etabliert hast, genügt es möglicherweise irgendwann, kürzere Überleitungen zu nutzen, wenn sich deine Spieler daran gewöhnt haben, für kurze Zeit ihre Charaktere hinter sich zu lassen ("Diese Nacht ist wieder AdB-TV unterwegs. Löst euch für kurze Zeit von euren Charakteren und folgt mir zu ihren Reportern, die gerade..."), so dass du nur noch alle zwei bis drei Szenen eine ausführliche Überleitung brauchst. Allerdings werden es dir deine Spieler wohl danken, wenn du dir für diese Momente wirklich Zeit nimmst, weil durch eine sorgfältige und stimmungsvolle Einleitung, die deine Spieler berührt, meistens auch die Stimmung der Szene intensiver wird, und weil deine Spieler dann den Wechsel leichter nachvollziehen und erfühlen können.
Einer der Gründe, warum das Auge des Betrachters sinnvoll ist, liegt darin, dass deine Spieler Szenen natürlich nicht ganz so hautnah erleben wie ihre Charaktere, und dass du ihnen mit Hilfe des Auges eine Hilfestellung geben kannst, mit der sie stärkere Assoziationen zur Szene haben, wenn etwas oder jemand aus einer Zwischenszene auftritt.
Und wenn du glaubst, dass sie nicht gut genug zwischen Charakter und Spieler unterscheiden können, um das Wissen über die Szene aus ihrem Charakterspiel heraus zu halten, dann kannst du einfach Szenen wählen, die das nicht erfordern. Es ist unnötig, den Spielern die Details der Karte des hohen Heerführers ihrer Feinde zu beschreiben, selbst wenn er sie vor sich liegen hat, wenn das Auge des Betrachters in diesen Raum kommt, denn das Auge des Betrachters lenkt den Blick, und damit hast du die vollständige Kontrolle darüber, welche Informationen deine Spieler kriegen.
Gib ihnen Informationen, die die Spannung erhöhen, ihnen Sorge bereiten oder NSCs klarer hervortreten lassen.
Das Auge ist kein Detektiv (zumindest meistens nicht), und was es sieht, dient immer der Geschichte (und wenn du dafür die Geschichte ändern musst, weil es sich so besser anfühlt, dann ist das halt so :) ).